Gerd Ruge … unterwegs in Duisburg
Von Sonja Volkmann NEUE RUHR ZEITUNG, 20. Februar 2003
Gerd Ruge – ein Name, der seit Jahrzehnten für feinste journalistische Analyse und bewegende Reportagen steht. Unzähligen Fernsehzuschauern hat der bekannte „TV-Dino“ bereits Einblicke in die Wohnzimmer russischer Dorfbewohner oder die Cafes von Pristina gewährt. Jetzt war der mittlerweile 74-jährige Ausnahmejournalist zu Gast beim ersten „Journalisten-Treff“ in der Duisburger Zentralbibliothek an der Düsseldorfer Straße.
Mit Ruge als prominentem Gesprächsgast hatte der Presseverein Niederrhein Ruhr einen fulminanten Auftakt zu dieser neuen Talk- und Vortragsreihe. Etwa 150 Zuhörer – die meisten von ihnen Nichtjournalisten – lauschten gebannt den Erzählungen Ruges.
Zwar etwas nuschelnd, aber einfühlsam, bildhaft und zuweilen mit einem Schuss gut verträglichem Humor schilderte der ehemalige China-, Russland- und Amerika-Korrespondent, Chefredakteur und Redaktionsleiter packende Erlebnisse von seinen zahlreichen Auslandsreisen. WDR-Moderator Thomas Münten entlockte dem Fernseh-Urgestein auch so manche interessante Kleinigkeit. „Es war schon eine schwierige Art zu arbeiten, aber sehr spannend“, erinnerte sich Ruge an seine Anfangszeit in Moskau in den 50er Jahren, als der KGB jeden seiner Schritte verfolgte.
Angst habe er schon oft gehabt, erzählt er. Aber nicht um sich. Er habe das jeweilige Land schließlich immer verlassen können. Vielmehr habe er sich um seine Kollegen gesorgt, die im Lande bleiben mussten. „Eine bewegende Zeit“, sinnierte der Dinosaurier der Auslandsreportage.
Gerd Ruge hat im Laufe seiner Berufsjahre wahrlich viel gesehen. Not, Elend, Leid und Tod. Aber auch die kleinen, die schönen Momente. In den zwei Stunden in Duisburg hat er davon nur einen klitzekleinen Ausschnitt erzählen können. Den Zuhören zeigte sich der Journalist im Ruhestand, der „als Rentner versagt hat“, wie es in dem kleinen Eingangsfilm gesagt wurde, als ein sympathischer, weltoffener Reisender. Ein Reisender, dem daran liegt, dass seine Zuschauer verstehen, was in den Ländern, die er besucht hat, und hauptsächlich mit den Menschen dort geschieht.
Der „Journalist der alten Schule“ hat „seinen“ Gästen ein Stück jener magischen Leidenschaft gezeigt, von der Stefan Endell, Vorstandsmitglied des Pressevereins, in seiner Begrüßung gesprochen hatte. Eine Leidenschaft, aus „dem Beruf nicht rauszukommen“, wie Ruge sagt. Eine Leidenschaft, wegen der es abends keinen Feierabend gibt. Und eine Leidenschaft, die den Vollblutreporter auch heute noch umtreibt, die auf jeden Film, der eigentlich der letzte sein sollte, einen neuen folgen lässt. Seine neuesten Erkundungen zeigt die ARD kurz vor Ostern. Dieses Mal war Ruge in Afghanistan. „Es hat mich irgendwie interessiert, was da passiert.“ So einfach ist die Erklärung dafür, dass der Ruheständler nicht zur Ruhe kommt.
© 2003 Sonja Volkmann
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