Ein Prediger bei den Akzenten
Gut zweihundert Zuhörer kamen in die Zentralbibliothek, um Franz Alt, den ehemaligen TV-Journalisten und Ex-„Report“-Chef zu erleben.
Es war schon früher ein Vergnügen, den TV-Journalisten Franz Alt zu erleben. Damals als er noch regelmäßig auf der Mattscheibe erschien, wo er mit spitzbübischem Lächeln, wortgewaltig und streitbar, aus Baden-Baden das ARD-Magazin „Report“ moderierte. Und für Meinungsvielfalt in betonierter TV-Einfalt sorgte.
Am Dienstag Abend konnte man ihn zwei Stunden lang in der Zentralbibliothek erleben. Dort war er auf Einladung des Vereins für Literatur und Kunst und des Pressevereines Niederrhein-Ruhr zu Gast bei den „Akzenten“. Und gut zweihundert Zuhörer kamen herbei, um sich selber ein Bild zu machen von einem Mann, den sie bislang nur von Bildern kannten.
Der Christenmensch und studierte Theologe, mittlerweile 68 Jahre alt und nicht mehr fest in Diensten des Fernsehens, aber regelmäßiger Gast auf Kirchentagen, nachgefragter Vortragsreisender links und rechts des Äquators, Prediger in Sachen „Schöpfung bewahren“, hatte keine Mühe, sein Publikum zu faszinieren. In Windeseile, oder sagen wir besser „in Windeskraft-Eile“.
Vordergründig ging es um sein neues Buch „Eine bessere Welt ist möglich – Ein Marshallplan für Arbeit, Entwicklung und Freiheit“, das er zusammen mit Rupert Neudeck und Rosi Gollmann geschrieben hat. Hintergründig ging es um alles; um unser (Über-)Leben auf diesem Planeten, um einen fairen Ausgleich zwischen Arm und Reich, um die Fähigkeit sich zukunftsfähig zu machen. Täglich, so Alt, sterben auf der Welt 26 000 Kinder an Unterernährung, aber in Deutschland streitet man über das Dosenpfand, baut VW den benzinfressenden, idiotischen „Phaeton“ und der Bundesbürger jammert und jammert und macht Bürgerinitaitiven gegen die Windkraft, weil die Räder so hässlich seien. Deutschland liegt in „Oberjammergau“ wie Franz Alt spottete.
Beispiel: Die Energiefrage. „Es gibt kein Energieproblem auf die Welt, wir haben nur ein Brett vorm Kopf, wir kaufen teures Erdöl und wir ignorieren die Sonne, die Erdwärme, die Biomasse, Wind und Wasser. Energie ist im Überfluss da, wir müssen sie nur nutzen.“Zwei Stunden dauerte die Altsche Öko-Politik-Moral-Predigt. Am Ende war das Publikum total erschöpft und doch erfrischt zugleich.
© 2006 Stefan Endell
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